Barmann André Meier vom sehr angesagten The High in der Blumenstraße erstellt einen Getränkekalender: seine Lieblingsgetränke für jeden Monat.
Betritt man das The High in der Blumenstraße, fällt einem sofort ein sehr spezieller Geruch auf: Wunderbar würzig riecht es, nach frischen und getrockneten Kräutern und ein bisschen geräuchert. Das liegt zum einen daran, dass sich in den Räumen direkt nebenan die Münchner Institution „Wurzelsepp“ findet. Das Kräuterparadies Lindig ist seit 1887 der bekannteste Laden der Stadt für Kräuter, Wurzeln und allerlei Tinkturen – und deren Geruch zieht auch in die Bar. Aber auch die Drinks, die André hier kreiert, sind sehr oft mit Kräutern angerührt oder garniert – manchmal auch geräuchert.
„Sehr präzise lässt sich ein Kater mit einer Bloody Mary vertreiben, bei uns als Mescal Mary ausgeschenkt!"
Das The High, das Meier, 34, mit seiner Freundin Ella Sinds, 32, betreibt, ist Münchens Labor oder Apotheke unter den Bars. Hier wird experimentiert – und doch bleiben die Drinks immer ehrlich und einfach. Das Publikum ist jung, international und erfreulich unversnobt, die Musik wird von Meier, der auch als DJ arbeitet, handverlesen. Die Stimmung ist auch schon an Dienstagen turbulent, was Meier aber nicht aus der Ruhe bringt, denn der beherrscht sowieso nur einen Gesichtsausdruck: Grinsen. Kurz: Das High ist ein Laden, in dem man sich liebend gerne festsitzt. Hier erklärt Meier, in welchen Monaten man dazu welche Drinks bestellen sollte.
„Der Januar ist der klassische Detox-Monat. Nach dem ganzen Trinken im Dezember können die meisten keinen Alkohol mehr sehen. Deshalb empfehle ich, auch wenn es etwas untypisch für eine Bar ist, einen Tee. Nämlich einen Griechischen Bergtee. Der schmeckt sehr frisch, würzig, leicht zitrushaft und überhaupt gar nicht so fad wie Kräutertees sonst. Für die, die es trotzdem gern alkoholisch haben, empfehle ich einen Hydration, auch sehr gesund: Pisco, Zitrone, Tonic und Sirup – wieder vom Bergtee.“
„Februar, der Winter erreicht seinen Tiefpunkt. Man braucht also Wärme. Da empfehle ich einen Portwein. Über Portwein gibt es die Legende, dass Charles Schumann seine enorme Portweinsammlung versetzt hat, weil er Geld brauchte, um seine neue Bar auszubauen. Aber es brach ihm das Herz, und als er wieder Geld hatte, kaufte er alle Flaschen zurück. Portwein ist etwas ganz Besonderes: eigentlich nur gezuckerter, lange gereifter Rotwein. Aber man schmeckt die Sonne Portugals und die alte Geschichte eines Seefahrervolkes. Wer immer noch am Detoxen ist, dem rate ich zu einem Apfel-Holundersaft. Der hat eine ähnliche Farbe wie Portwein, und der Holunder wärmt auch.“
„Der Vorfrühling liegt in der Luft, die Knospen werden dicker. Ich empfehle einen unserer Klassiker, den Thyme Smash, der ist sehr kräuterig (und dadurch noch leicht winterlich) und trotzdem frisch. Darin befindet sich neben Gin und Thymian Zitrone und vor allem Bergamottelikör. Das Ganze ist hellrosa und kommt im geeisten Glas: eine Einstimmung auf die Herrlichkeit des Frühlings. Wer keinen Alkohol mag, dem kann man den Gin auch durch Tonic ersetzen: Sofort hat man einen sehr fruchtig-herben Softdrink.“
„Der hellgrüne April. Hier muss es ein richtig frischer, grüner Drink sein. Unsere Wahl heißt ,Drive‘: Gin, Minze, Kumquats, Grapefruit und Pfirsich. Quasi eine Obstschale, aber in frisch und gut. Der Name des Drinks verweist übrigens nicht aufs Autofahren, wir zitieren damit den wunderbaren Film ‚Drive‘. Wenn man den Gin aber weglässt, hat man einen wunderbaren Softdrink und kann fahren.“
„Der Wonnemonat – auf den Münchner Terrassen trinkt man Sprizz. Wir machen es ein bisschen raffinierter und bieten mit dem Anti-Sprizz einen eigenen Aperitif: weißer Wermut, trockener Weißwein, Dry Tonic: superelegant und erfrischend, ideal für eine Mainacht, in der noch viel passiert. Das Ganze gibt es auch in nüchtern: Da nimmt man einfach alkoholfreien Wermut.“
„Der Frühsommer, es wird heiß und man sollte viel trinken. Am besten geht es damit: Stefan Gabányi, einer der ganz großen Barbetreiber Münchens, teilte in der ‚SZ‘ mal ein Rezept für eine selbst gekochte Ingwerlimonade. Das ging derart durch die Decke, dass mehrere Bars die Limo nun anbieten. Wir auch. Frisch, scharf, belebend: Besser geht es nicht. Wer es gern mit Prozenten hat, kann einen Schuss Wodka mit ins Glas bekommen.“
„Im Hochsommer gibt es eigentlich nur ein Getränk: Rosé. Wir schenken einen Wein mit dem bezeichnenden Namen ‚Jeden Tag Rosé‘ von Franz Keller (2019) aus. Ganz jung, frisch, elegant, trotzdem nicht flach. Wie der Name eben sagt: kann und soll man jeden Tag trinken. Auch die nicht alkoholische Wahl ist rosarot: hausgemachte Himbeerlimonade. Himbeerpüree, Zitrone, Rohrzucker, Gingerbeer. Ein bisschen wie Skiwasser, das in Bayern und Österreich alle kennen, aber viel besser.“
„Der August ist der Gartenmonat. Die Tomaten werden reif und das Basilikum wuchert. Dieses ist auch in unserem wohl bekanntesten Drink, dem Basilisk (der auch für das Aroma hier im Raum mitverantwortlich ist …). Dazu mixen wir Basilikum mit einem Schuss Olivenöl, Gin, Zitrone, Pfirsich und Eis. Heraus kommt ein leicht smoothiehaftes, sehr würziges, spitz-grünes Sommergetränk. Wer auf Alkohol verzichten möchte, kann den Gin einfach durch 5 cl Apfelsaft ersetzen. So schmeckt der Hochsommer, die Zeit kurz vor der Ernte.“
„Der September steht in München ganz unter dem Stern BIER und deshalb gibt es auch von uns die Empfehlung für Hopfen und Malz. Allerdings nicht für das süße, schnell schal werdende Festbier, das auf der Wiesn ausgeschenkt wird, sondern für das Pils von Tilmans. Auch ein Münchner Bier, aber anders: frisch, spitz, grün, gefährlich. Für alle, die auf Alkohol verzichten wollen, empfehle ich das Alkoholfreie von Lammsbräu, da vermisst man den Alkohol kaum.“
„Das Oktoberfest ist vorbei, die Kopfschmerzen bleiben. Sehr präzise lässt sich ein Kater mit einer Bloody Mary vertreiben, bei uns als Mescal Mary ausgeschenkt, mit Tomatensaft, Tabasco, Mescal, Worcestersauce und Selleriesalz. Die Schärfe und die Antioxidanzien vertreiben den Hangover schnell. Wem das zu old school ist, der kann den Drink auch ohne Mescal, als Virgin Mary nehmen.“
„Den November möchte man am liebsten vor dem Kamin verbringen. In Ermangelung dessen geht es auch mit dem, was man ‚Zigarrendrink‘ nennen könnte: schwere, dunkle, warme Cocktails. Wir empfehlen dafür den ‚Very dark Manhattan‘: Bourbon, Rhabarberwurzellikör, Montenegro Amaro und roter Wermut. Ein Drink wie ein alter, edler Ledersessel. Antialkoholisch wäre ein Crodino zu empfehlen, eine bittere Limonade, die man gern in kleinen Schlucken genießt.“
„Der Dezember: das Fest des Jahres. Natürlich gibt es für die sogenannte Festive Season nur ein Getränk: Champagner. Beim edelsten aller Getränke muss es übrigens nicht immer die teuerste Wahl sein. Mein Liebster ist Pol Roger, der erklärte Lieblingschampagner von Winston Churchill, auch die königliche Familie spricht ihm sehr zu, heißt es. Alkoholfreie Schaumweine waren lange Zeit ein Ärgernis: nicht Fisch, nicht Fleisch, nur schal und flach. Nun gibt es den ‚Alkoholfrei‘ von Fritz Müller, ein Müller-Thurgau-Perlwein, den man tatsächlich gerne trinkt. Ich erlebe es bei Hochzeiten immer wieder: Die Schwangeren sind ganz selig, dass es so was gibt. Aber klar, besser ist das perlende Original – zumal, wenn die Nächte lang und wild werden.“
The High, Blumenstraße 15, 80331 München